Als Ludwig II. von Bayern vor 130 Jahren starb, galt er seinem Volk als verrückter Sonderling. Die Liebe seiner Untertanen gewann er erst posthum. Seine Schlösser und sein mysteriöser Tod machten ihn zur Legende.
Das Märchen endete am 13. Juni 1886. Kurz vor Mitternacht hievten mehrere Ruderer den toten Ludwig, König von Bayern, mit Flößerhaken wie einen nassen Sack aus dem Wasser des Starnberger Sees. Mit dem Tod des Königs wurde ein Mythos geboren. Der Mythos vom schönen König, der sich fernab von den Menschen der Musik und der Kultur hingab, der die Banalität des Lebens nicht ertragen konnte und sich eine eigene Welt nach seinem Ideal schuf. Diese Welt inszenierte er mit Versatzstücken aus den Opern Richard Wagners und illustrierte sie mit Bildern aus mittelhochdeutschen Heldensagen. Mit den Schlössern Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof entstanden aufwändige Kulissen, in denen sich die Phantasien des Märchenkönigs verwirklichten.
Aber es entstand auch der Mythos vom unfähigen Herrscher, der Bayern für Unsummen an Preußen verkaufte, der Mythos des lasterhaften Homosexuellen, der seine Diener misshandelte und der des verrückt gewordenen Königs, den am Ende seine Feinde – vielleicht sogar seine eigene Familie – ermordeten.